Im August starb der Historiker Kurt Pätzold. In Gedenken an den antifaschistischen Wissenschaftler druckt der „Mahnruf“ mit freundlicher Genehmigung des Verlags Edition Ost einen Auszug aus dem Vorwort des im Frühjahr erschienenen Buchs „Der Überfall“.
Vor 75 Jahren überzog das Deutsche Reich die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken mit Krieg, seinen Nachbarn, mit dem es kaum zwei Jahre zuvor einen Nichtangriffs- und einen Freundschaftsvertrag geschlossen hatte. Auf diese Wendung des Kriegsgeschehens hätten die Deutschen gefasst sein können, zumindest jene, die einen Blick in Hitlers Schrift „Mein Kampf“ geworfen und dort gelesen hatten, wo sich ihr Führer das deutsche Kolonialreich – nicht nur, aber vor allem – vorstellte. (…) Die Morgenmeldung des Großdeutschen Rundfunks traf die Masse der Deutschen an jenem 22. Juni jedoch vollkommen unvorbereitet. Sie hatten während des Frühjahrs 1941 zwar ausdauernd gerätselt, wie der „Führer“ den Krieg weiter und zum Endsieg treiben werde. Doch rechneten sie darauf, dass die, wie sie glaubten, 1940 nur aufgeschobene Invasion der britischen Inseln erfolgen werde, nicht jedoch mit der Errichtung einer neuen und diesmal anderen Ostfront als der vom September 1939. Dabei waren durchaus vermehrt beunruhigende Nachrichten zu ihnen gelangt, sie kamen aus den Gebieten vor der Grenze zur Sowjetunion, aus Ostpreußen und dem sogenannten Generalgouvernement. Dort würden sich Truppen der Wehrmacht in großer Zahl versammeln. Weiterlesen


