FIR erinnert an die faschistischen Rassegesetze vor 85 Jahren

Mit der Errichtung der faschistischen Herrschaft in Deutschland waren seit 1933 drei politische Zielsetzungen verbunden:
– die Verfolgung und Zerschlagung der Organisationen der Arbeiterbewegung und aller linken bürgerlichen Strukturen,
– die Expansionspolitik, die im zweiten Weltkrieg mündete,
– die rassistische Ausgrenzung, die in den Massenmorden in den Vernichtungslagern ihren Ausdruck fand.

Nach den ersten Übergriffen gegen jüdische Menschen und Einrichtungen entwickelte das NS-Regime für die rassistische Ausgrenzung juristische Instrumente, mit denen die Verwaltung Verbrechen gegen jüdische Menschen „auf gesetzlicher Grundlage“ exekutieren konnte und die Mehrheitsgesellschaft in die „Volksgemeinschaft“ eingebunden wurde.
Auf dem NSDAP-Reichsparteitag am 15. September 1935 wurden die „Nürnberger Rassegesetze“ verkündet. In typischem Juristendeutsch wurde der „Reichsbürger“ neu definiert. Dieser musste „deutschen oder artverwandten Blutes“ sein und außerdem durch sein Verhalten beweisen, dass er „gewillt und geeignet ist, in Treue dem deutschen Volk und Reich zu dienen.“ Die politische Komponente richtete sich gegen alle politischen Gegner und insbesondere die Emigranten. Die rassistische Komponente grenzte jüdische Menschen, aber auch Sinti und Roma aus der Gruppe der „Reichsbürger“ aus. Sie seien nur Angehörige des Staates und damit Bürger 2. Klasse. Sie besaßen keine staatsbürgerlichen Rechte. Dieses Gesetz bildeten die Grundlage für die fortschreitende Diskriminierung, Ausgrenzung, Entrechtung und Vernichtung der Existenz jüdischer Menschen.
Das „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ regelte auf ganz subtile Weise die gesellschaftliche Ausgrenzung jüdischer Menschen, indem ihnen der familiäre Zusammenhalt in der Gesellschaft verweigert wurde. Das Gesetz verbot die Eheschließung sowie den außerehelichen Kontakt zwischen Juden und Nichtjuden. Verstöße gegen das Gesetz galten als „Rassenschande“ und wurden mit Gefängnis bzw. Zuchthaus bestraft. Das Verbot der „Rassenschande“ galt sogar im Ausland. In weiteren Verordnungen wurden die diskriminierenden Gesetze auf andere Gruppen ausgeweitet. Ein Rundschreiben nennt dabei „Zigeuner“, Mischlinge „mit zur Hälfte artfremden Blut“ und „Neger“.

Damit die Verwaltungen „Rechtssicherheit“ hatten, veröffentlichten Wilhelm Stuckart, SS-Jurist und verurteilt im „Wilhelmstraßen-Prozess“ 1948, und Hans Globke, Verwaltungsjurist im Reichsinnenministerium und von 1953 bis 1963 Kanzleramtsminister bei Konrad Adenauer, einen juristischen Kommentar zu den Nürnberger Rassegesetzen, der die verbindlichen Definitionen lieferte, mit mehreren Auflagen bis in die Kriegsjahre hinein.

Die FIR erinnert heute an diese menschenverachtenden, faschistischen Gesetze, um deutlich zu machen, dass Faschismus nicht nur mit Terror und politischer Gewalt seine Vernichtungspolitik durchsetzte, sondern auch Gesetze schuf, um seinen Verbrechen einen „legalen Anstrich“ zu geben. Sie waren jedoch die Voraussetzung für den Massenmord an 6 Mio. Juden und weiteren zahllosen Opfern „nichtarischer“ Minderheiten.
Für die antifaschistische und antirassistische Arbeit heute heißt das, wachsam zu sein, wenn Gesetze Ausgrenzungen und Stigmatisierungen für gesellschaftliche Minderheiten bedeuten. Solche Gesetze ermöglichen Diskriminierungen, die gegen das Prinzip einer solidarischen Gesellschaft, wie wir sie anstreben, gerichtet sind.